Language:

Mindeststandards für faire Plattformarbeit

Posted on 03.05.2019

Zum diesjährigen Tag der Arbeit hat Katarina Barley, Bundesjustizministerin und SPD-Spitzenkandidatin im Europawahlkampf, die Einführung einer EU-Richtline für faire Plattformarbeit gefordert. Dafür brauche es “verbindliche Mindeststandards für die Vergütung, und für den Arbeits- und Gesundheitsschutz”. Außerdem müssten geltende Mitbestimmungsregeln eingehalten werden, um die Entstehung eines „digitalen Prekariats“ zu verhindern, so Barley. Jedoch ließ die Ministerin offen, wie diese Mindeststandards in der Praxis aussehen könnten und wie genau Plattformen sanktioniert werden können, wenn sie diese Regeln nicht einhalten.

Genau hier setzt die „Fairwork Foundation” an. Nach erfolgreichen Pilotstudien in Südafrika und Indien dehnen wir das Projekt nun auf deutschsprachige Plattformen aus. Ähnlich wie die Fairtrade Foundation die Produktionsketten von Rohstoffen wie Kaffee oder Schokolade zertifizieren konnte, zertifiziert die Fairwork Foundation die Produktionsnetzwerke innerhalb der Plattformökonomie. Durch die Einführung eines Zertifizierungssystems nutzen wir die Macht der Konsumenten, um zum Wohlbefinden und zur Arbeitsqualität von Plattformarbeitern beizutragen. Unser Schema sieht vor, dass die folgenden Prinzipien Mindeststandards für faire Plattformarbeit kennzeichnen:

Fairer Lohn: Unabhängig von ihrer Beschäftigungskategorie müssen Plattformarbeiter – unter Berücksichtigung der arbeitsbedingten Kosten (z.B. Reparatur eines Fahrrads oder Erwerb von Ersatzteilen) – ein angemessenes Einkommen erzielen.

Faire Bedingungen: Plattformen müssen über Richtlinien verfügen, die Arbeiter vor grundlegenden Risiken schützen, die sich aus den Arbeitsprozessen ergeben können. Zudem sollten Plattformen proaktive Maßnahmen ergreifen, um die Gesundheit und die Sicherheit von Arbeitern nicht nur zu gewährleisten, sondern diese explizit zu fördern. Auch Katarina Barley hat sich für Verbesserungen im Gesundheitsschutz ausgesprochen.

Faire Verträge: Die Geschäftsbedingungen sollten transparent und präzise sein und den Arbeitern in einer zugänglichen Form zur Verfügung gestellt werden. Die juristische Person, die einen Vertrag mit den Arbeitern abschließt, muss dabei den örtlichen Gesetzen unterliegen und im Vertrag klar identifiziert sein. Wenn die Arbeiter tatsächlich selbstständig tätig sind, sollten die Nutzungsbedingungen frei von Klauseln sein, die die Haftung auf Seiten der Plattform in unangemessener Weise ausschließen können.

Faires Management: Es muss ein dokumentierter Prozess existieren, durch den Arbeiter Revision einlegen können bezüglich Entscheidungen, die sie betreffen, und durch den sie über die Gründe für diese Entscheidungen informiert werden. Die Verwendung von Algorithmen muss transparent sein und gerechte Auswirkungen für die Arbeiter haben. Zudem muss es eine klar dokumentierte Richtlinie geben, welche die Gleichberechtigung bei der Art und Weise, wie die Arbeiter durch die Plattform gemanagt werden (z. B. bei disziplinarischen Maßnahmen oder der Kündigung), gewährleistet.

Faire Repräsentation: Plattformen müssen einen dokumentierten Prozess anbieten, durch den die Mitbestimmung der Arbeiter gewährleistet ist. Unabhängig von ihrer Beschäftigungsklassifizierung sollten Arbeiter das Recht haben, sich kollektiv zu organisieren. Plattformen sollten bereit sein, mit ihnen zusammenarbeiten und verhandeln.

Für jedes der fünf Prinzipien können Plattformen einen „grundlegenden Punkt“ und einen „erweiterten Punkt“ erhalten. So können Plattformen eine Gesamtpunktzahl von zehn Punkten bekommen. Zum Beispiel:

In Kollaboration mit dem WZB und der Technischen Universität Berlin veranstalten wir drei Workshops in Berlin, in denen wir Plattformen, Gewerkschaften, Arbeiter und politische Entscheidungsträger zusammenbringen, um zu thematisieren, wie unsere Fairwork-Prinzipien auf den deutschen Kontext übertragen werden können. Die Schwellenwerte und Prinzipien, die sich aus diesen Workshops ergeben, werden dann unsere Forschung prägen, die jeder in Berlin tätigen Plattform eine Punktzahl für „faire Arbeit“ zuweisen wird.

Das Projekt ist der Teil Umsetzungsstrategie Digitalisierung der Bundesregierung[1] und wurde befürwortet von Elke Breitenbach, Berliner Senatorin für Arbeit, Soziales und Integration. Indem wir als unparteiischer Akteur agieren und rigorose empirische Forschung in Bezug auf Plattformarbeit durchführen, werden die besten und schlechtesten Arbeitspraktiken in diesem Sektor hervorheben. Da das Plattformmodell immer mehr Berufe umfasst und in immer mehr Wirtschaftsbereiche eindringt, müssen wir Mindeststandards setzen, unter die diese Arbeit niemals fallen sollte. Nur so können wir eine gerechtere Zukunft der Arbeit ins Leben rufen.

 

[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/digital-made-in-de/foerderung-der-digitalwirtschaft-in-entwicklungslaendern-1547022