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Diese Prinzipien sind am 1. September 2022 in Kraft getreten. Die vorherige Fassung (21.01) der Prinzipien können Sie hier einsehen.

Bevor Sie diese Prinzipien lesen, informieren Sie sich bitte darüber, wie wir Plattformen anhand dieser Prinzipien bewerten und welche Informationen und Nachweise wir bei unserer Bewertung sammeln und analysieren.

Principle 1: Faire Bezahlung

1.1 - Sicherstellung, dass die Beschäftigten mindestens den örtlichen Mindestlohn nach Abzug der Kosten verdienen

Plattformarbeiter:innen haben oft erhebliche arbeitsbezogene Kosten zu tragen, z. B. für den Fahrtweg zwischen den Arbeitsplätzen, für Arbeitsmaterial, Benzin, Versicherung und Wartung des Fahrzeugs[1]. Die Kosten der Beschäftigten können dazu führen, dass ihr Nettoverdienst unter den örtlichen Mindestlohn fällt[2]. Die Beschäftigten tragen auch die Kosten für die zusätzliche Zeit, die sie für Wartezeiten oder Fahrten zwischen den Arbeitsplätzen aufwenden müssen oder für andere unbezahlte Tätigkeiten, die für ihre Arbeit notwendig sind, wie z. B. verpflichtende Schulungen, die ebenfalls als aktive Stunden gelten[3]. Um diesen Punkt zu erreichen, müssen die Plattformen sicherstellen, dass die arbeitsbezogenen Kosten die Arbeitnehmer:innen nicht unter den örtlichen Mindestlohn drücken.

Die Plattform ergreift geeignete Maßnahmen, um beides zu gewährleisten:

  • Die Bezahlung muss pünktlich und vollständig erfolgen.
  • Die Beschäftigten verdienen mindestens den örtlichen Mindestlohn oder den durch Branchentarifvertrag festgelegten Lohn (je nachdem, welcher höher ist) an dem Ort, an dem sie arbeiten, in ihrer aktiven Arbeitszeit, nach Abzug der Kosten[4].

1.2 - Sicherstellung, dass die Arbeitnehmer:innen mindestens den örtlichen existenzsichernden Lohn nach Abzug der Kosten verdienen (ein zusätzlicher Punkt)

An manchen Orten reicht der Mindestlohn nicht aus, um den Beschäftigten einen einfachen, aber angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen. Um diesen Punkt zu erreichen, müssen die Plattformen sicherstellen, dass die arbeitsbezogenen Kosten nicht dazu führen, dass die Beschäftigten unter den ortsüblichen Mindestlohn fallen.

Die Plattform ergreift geeignete Maßnahmen, um Folgendes zu gewährleisten:

  • Die Arbeitnehmer:innen verdienen mindestens den vor Ort geltenden, existenzsichernden Lohn oder den durch Branchentarifvertrag festgelegten Lohn (je nachdem, welcher höher ist) an dem Ort, an dem sie arbeiten, in ihrer aktiven Arbeitszeit, nach Abzug der Kosten.[5] [6]

Principle 2: Faire Bedingungen

2.1 - Eindämmung aufgabenspezifischer Risiken (ein Punkt)

Plattformarbeiter:innen können bei ihrer Arbeit einer Reihe von Risiken ausgesetzt sein, darunter Unfälle und Verletzungen, schädliche Stoffe sowie Kriminalität und Gewalt. Um diesen Punkt zu erreichen, müssen die Plattformen nachweisen, dass sie sich dieser Risiken bewusst sind und grundlegende Maßnahmen zu deren Eindämmung ergreifen.

Die Plattform muss folgende Punkte erfüllen:

  • Bereitstellung angemessenes Ausrüstung und Schulung bereitgestellt, um die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer:innen vor aufgabenspezifischen Risiken zu schützen[7]. Diese Maßnahmen sollten ohne zusätzliche Kosten für den:die Arbeitnehmer:in durchgeführt werden.
  • Die Plattform verringert die Risiken der Einzelarbeit durch angemessene Unterstützung und Gestaltung der Prozesse unter Berücksichtigung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz.

2.2 - Gewährleistung sicherer Arbeitsbedingungen und eines Sicherheitsnetzes (ein zusätzlicher Punkt)

Plattformarbeiter:innen sind der Möglichkeit ausgesetzt, durch unerwartete oder äußere Umstände, wie Krankheit oder Verletzung, plötzlich ihr Einkommen zu verlieren. Die meisten Länder verfügen über ein soziales Sicherheitsnetz, um zu verhindern, dass Arbeitnehmer:innen aufgrund von Umständen, auf die sie keinen Einfluss haben, plötzlich in Armut geraten. Plattformarbeiter:innen haben jedoch aufgrund ihres Status als unabhängige Auftragnehmer:innen in der Regel keinen Anspruch auf Schutzmaßnahmen wie Krankengeld. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Arbeitnehmer:innen von ihrem Einkommen aus der Plattformarbeit abhängig sind, sollten die Plattformen sicherstellen, dass die Arbeitnehmer:innen für Einkommensverluste aufgrund von Arbeitsunfähigkeit entschädigt werden. Darüber hinaus müssen die Plattformen das Krankheits- und Verletzungsrisiko minimieren, auch wenn alle grundlegenden Maßnahmen getroffen wurden.

Die Plattform muss ALLE der folgenden Punkte erfüllen:

  • Die Plattformen ergreifen sinnvolle Maßnahmen, um sicherzustellen, dass den Arbeitnehmer:innen keine erheblichen Kosten durch Unfälle, Verletzungen oder Krankheiten entstehen, die auf die Arbeit zurückzuführen sind.
  • Arbeitnehmer:innen sollten für Einkommensverluste aufgrund von Arbeitsunfähigkeit entschädigt werden, die dem durchschnittlichen Verdienst der letzten drei Monaten entsprechen.
  • Sind Arbeitnehmer:innen aufgrund unerwarteter Umstände für längere Zeit arbeitsunfähig, wird ihre Stellung auf der Plattform nicht negativ beeinflusst.
  • Die Plattform setzt Maßnahmen oder Praktiken um, die die Sicherheit der Arbeitnehmer:innen vor aufgabenspezifischen Risiken schützen (siehe Fußnote 7). Insbesondere sollte die Plattform sicherstellen, dass die Entlohnung nicht so aufgebaut ist, dass Anreize für die Arbeitnehmer:innen bestehen, übermäßige Risiken einzugehen.

Principle 3: Faire Verträge

3.1 - Auflistung klarer und transparenter Bedingungen (ein Punkt)

Die Bedingungen für die Arbeit auf der Plattform sind nicht immer klar und für die Arbeitnehmer:innen zugänglich[8]. Um diesen Punkt zu erreichen, muss die Plattform nachweisen, dass die Arbeitnehmer:innen in der Lage sind, die Bedingungen für ihre Arbeit zu verstehen, ihnen zuzustimmen und jederzeit darauf zuzugreifen, und dass sie Rechtsmittel einlegen können, wenn die andere Partei gegen diese Bedingungen verstößt.

Die Plattform muss ALLE der folgenden Punkte erfüllen:

  • Die Partei, die den Vertrag mit dem:der Arbeitnehmer:in abschließt, muss im Vertrag genannt werden und es gilt das Recht des Ortes, an dem gearbeitet wird.
  • Der Vertrag/die Bedingungen sind vollständig und in einer klaren und verständlichen Sprache abgefasst, von der erwartet werden kann, dass sie von allen Arbeitnehmer:innen verstanden wird.
  • Die Arbeitnehmer:innen müssen bei der Anmeldung auf der Plattform einen Vertrag unterzeichnen und/oder ihre Zustimmung zu den Bedingungen in Kenntnis der Sachlage geben.
  • Die Verträge/Geschäftsbedingungen sind für die Arbeitnehmer:innen in Papierform oder über die App/Plattform jederzeit leicht zugänglich.
  • Die Verträge/Geschäftsbedingungen enthalten keine Klauseln, die die in den jeweiligen Ländern geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen außer Kraft setzen.
  • Die Plattformen ergreifen angemessene, verantwortungsvolle und ethische Datenschutz- und Verwaltungsmaßnahmen, die in einer dokumentierten Richtlinie festgelegt sind.

3.2 - Sicherstellung, dass keine unfairen Vertragsbedingungen auferlegt werden (ein zusätzlicher Punkt)

In einigen Fällen, insbesondere bei der Einstufung als “unabhängiger Auftragnehmer”, tragen die Arbeitnehmer:innen ein unverhältnismäßig hohes Risiko, wenn sie einen Vertrag mit dem Dienstleistungsnutzer abschließen. Sie können für alle Schäden haften, die im Rahmen ihrer Arbeit entstehen, und sie können durch unfaire Klauseln daran gehindert werden, bei Missständen Rechtsmittel einzulegen. Um dies zu erreichen, müssen die Plattformen nachweisen, dass die Risiken und die Haftung für die Arbeit zwischen den Parteien geteilt werden.

Unabhängig davon, wie der vertragliche Status des:der Arbeitnehmer:in eingestuft wird, muss die Plattform ALLE der folgenden Punkte erfüllen:

  • Jede:r Arbeiter:in wird innerhalb eines angemessenen Zeitraums vor Inkrafttreten der Änderungen in klarer und verständlicher Sprache über die vorgeschlagenen Änderungen informiert; und die Änderungen sollten keine bestehenden Vorteile und berechtigten Erwartungen, auf die sich die Arbeitnehmer:innen verlassen haben, aufheben.
  • Der Vertrag/die Geschäftsbedingungen enthalten weder Klauseln, die die Haftung für Fahrlässigkeit ausschließen, noch entbinden sie die Plattform in unangemessener Weise von der Haftung für die Arbeitsbedingungen. Die Plattform ergreift geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Vertrag keine Klauseln enthält, die die Arbeiter:innen daran hindern, bei Beschwerden, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, wirksam Abhilfe zu suchen.
  • Falls die Plattformarbeit von Subunternehmern vermittelt wird: Die Plattform setzt einen zuverlässigen Mechanismus ein, um zu kontrollieren und sicherzustellen, dass der Unterauftragnehmer die von der Plattform selbst erwarteten Standards in Bezug auf die Arbeitsbedingungen einhält.
  • In Fällen, in denen eine dynamische Preisgestaltung für Dienstleistungen angewandt wird, müssen die gesammelten Daten und die Berechnungen, die für die Zuteilung der Vergütung verwendet werden, transparent sein und in einer Form dokumentiert werden, die den Arbeiter:innen zur Verfügung steht.

Principle 4: Faires Management

4.1 - Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verfahrens für Entscheidungen, die Arbeiter:innen betreffen (ein Punkt)

Plattformmitarbeiter:innen können von willkürlicher Abschaltung betroffen sein; sie werden ohne Erklärung vom Zugang zur Plattform ausgeschlossen und verlieren möglicherweise ihr Einkommen. Arbeitnehmer:innen können anderen Sanktionen oder Disziplinarentscheidungen ausgesetzt sein, ohne dass sie die Möglichkeit haben, den Dienstleistungsnutzer oder die Plattform zu kontaktieren, um sie anzufechten oder Widerspruch einzulegen, wenn sie der Meinung sind, dass sie ungerecht sind. Um diesen Punkt zu erreichen, müssen die Plattformen den Arbeitnehmer:innen eine Möglichkeit bieten, gegen Disziplinarmaßnahmen sinnvoll vorzugehen.

Die Plattform muss ALLE der folgenden Punkte erfüllen:

  • Es gibt einen leicht zugänglichen Weg für Arbeiter:innen, um mit einem menschlichen Vertreter der Plattform zu kommunizieren und Probleme effektiv zu lösen. Dieser Kanal ist im Vertrag dokumentiert und auf der Plattformoberfläche verfügbar. Die Plattformen sollten den Arbeiter:innen innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens antworten.
  • Es gibt ein Verfahren, mit dem die Arbeitnehmer:innen sinnvoll und wirksam gegen niedrige Bewertungen, Nichtzahlung, Zahlungsprobleme, Abschaltungen und andere Strafen und Disziplinarmaßnahmen vorgehen können. Dieses Verfahren ist in einem Vertrag dokumentiert und auf der Plattformwebseite verfügbar[9].
  • Im Falle einer Abschaltung muss das Beschwerdeverfahren auch für Arbeitnehmer:innen zugänglich sein, die keinen Zugang mehr zur Plattform haben.
  • Die Arbeiter:innen werden nicht benachteiligt, wenn sie Bedenken äußern oder gegen Disziplinarmaßnahmen Einspruch erheben.

4.2 - Sicherstellung von Gleichberechtigung im Managementprozess (ein zusätzlicher Punkt)

Die meisten Plattformen diskriminieren nicht aktiv bestimmte Gruppen von Arbeiter:innen. Sie können jedoch unbeabsichtigt bereits bestehende Ungleichheiten durch ihre Gestaltung und Verwaltung verschärfen. So gibt es beispielsweise eine starke geschlechtsspezifische Trennung zwischen den verschiedenen Arten von Plattformarbeit. Um diesen Punkt zu erreichen, müssen die Plattformen nicht nur nachweisen, dass sie Richtlinien gegen Diskriminierung befolgen, sondern auch, dass sie versuchen, Barrieren für benachteiligte Gruppen zu beseitigen und die Integration zu fördern.

Die Plattformen müssen ALLE der folgenden Punkte erfüllen:

  • Die Plattform verfügt über eine wirksame Antidiskriminierungsstrategie, die ein klares Verfahren für die Meldung, Verbesserung und Bestrafung von Diskriminierung von Arbeiter:innen auf der Plattform aufgrund von Aussehen, sozialer Herkunft, Schicht, ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, Geschlecht, Geschlechtsidentität und -ausdruck, sexueller Orientierung, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, Alter oder sonstigem Status vorsieht.[10]
  • Die Plattform verfügt über Maßnahmen zur Förderung von Diversität, Gleichheit und Integration auf der Plattform. Sie ergreift praktische Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Arbeitnehmer:innen aus benachteiligten Gruppen, einschließlich angemessener Vorkehrungen für Schwangerschaft, Behinderung und Religion oder Weltanschauung.
  • Wenn Personen aus einer benachteiligten Gruppe (z. B. Frauen) in einem Pool von Arbeitnehmer:innen deutlich unterrepräsentiert sind, versucht sie, Hindernisse für den Zugang von Personen aus dieser Gruppe zu ermitteln und zu beseitigen.
  • Wenn Algorithmen verwendet werden, um den Zugang zu Arbeit oder Entlohnung oder die Art der Arbeit und die Lohntarife zu bestimmen, die Arbeitnehmer:innen, die die Plattform nutzen wollen, zur Verfügung stehen, sind diese transparent und führen nicht zu ungerechten Ergebnissen für Arbeitnehmer:innen aus historisch oder aktuell benachteiligten Gruppen.
  • Sie verfügt über Mechanismen, die das Risiko der Diskriminierung von Beschäftigten aus benachteiligten Gruppen beim Zugang zu und bei der Ausführung von Arbeit verringern.

Principle 5: Faire Vertretung

5.1 - Gewährleistung der Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung von Arbeitnehmerrechten (ein Punkt)

Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht für alle Arbeitnehmer:innen und in der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation sowie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Das Recht der Arbeiter:innen, sich gewerkschaftlich zu organisieren, ihre Wünsche kollektiv zu äußern – und vor allem, gehört zu werden – ist eine wichtige Voraussetzung für faire Arbeitsbedingungen. Der Organisationsgrad der Plattformbeschäftigten ist jedoch nach wie vor niedrig. Um dies zu erreichen, müssen die Plattformen dafür sorgen, dass die Bedingungen gegeben sind, um die kollektive Mitsprache der Arbeitnehmer zu fördern.

Die Plattformen müssen ALLE der folgenden Punkte erfüllen:

  • Es gibt einen dokumentierten Mechanismus[11] für die kollektive Meinungsäußerung der Arbeitnehmer:innen, der es ALLEN Arbeitnehmer:innen, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus, ermöglicht, sich ohne Risiko zu beteiligen.
  • Es gibt eine formale, schriftliche Erklärung der Bereitschaft, ein kollektives, unabhängiges Arbeitnehmergremium oder eine Gewerkschaft anzuerkennen und mit ihr zu verhandeln, die allen Beschäftigten klar mitgeteilt wird und auf der Plattformwebseite verfügbar ist.[12]
  • Die Versammlungsfreiheit wird nicht behindert und die Arbeitnehmer:innen werden in keiner Weise benachteiligt, wenn sie der Plattform ihre Anliegen, Wünsche und Forderungen mitteilen oder ihre Bereitschaft zur Bildung unabhängiger Kollektivorgane Ausdruck bringen.[13]

5.2 - Unterstützung der demokratischen Führung (ein zusätzlicher Punkt)

Obwohl der Organisationsgrad nach wie vor niedrig ist, entstehen in vielen Bereichen und Ländern Vereinigungen von Plattformarbeiter:innen. Auch die Zahl der genossenschaftlich organisierten Plattformen in Arbeitnehmerhand nimmt zu. Um eine gerechte Vertretung zu erreichen, müssen die Beschäftigten ein Mitspracherecht bei den Bedingungen ihrer Arbeit haben. Dies kann durch ein demokratisch verwaltetes Genossenschaftsmodell, eine formell anerkannte Gewerkschaft oder die Möglichkeit, Tarifverhandlungen mit der Plattform zu führen, geschehen.

Die Plattform muss mindestens EINE der folgenden Bedingungen erfüllen:

  1. Die Arbeitnehmer:innen spielen eine wichtige Rolle bei der Leitung der Plattform.
  2. In einem schriftlichen Dokument, das jederzeit auf der Plattformwebseite verfügbar ist, erkennt die Plattform öffentlich und formell ein unabhängiges Kollektiv der Beschäftigten, einen gewählten Betriebsrat oder eine Gewerkschaft an. Diese Anerkennung ist nicht exklusiv, und wenn der rechtliche Rahmen es zulässt, sollte die Plattform jedes bedeutende kollektive Gremium anerkennen, das eine Vertretung wünscht.[14]

  1. PLATTFORM: Hier wird der Begriff “Plattform” verwendet, um sich auf eine “geografisch gebundene digitale Arbeitsplattform” zu beziehen (Woodcock und Graham 2020). Hier sind zwei Punkte zu beachten. Erstens, eine digitale Arbeitsplattform ist ein Unternehmen, das den “Austausch von Arbeit zwischen verschiedenen Nutzer:innen, wie Unternehmen, Arbeiter:innen und Verbrauchern”[15] vermittelt und erleichtert. Digitale Plattformen wie Airbnb oder eBay – auf denen Waren ausgetauscht werden – fallen nicht unter diese Definition. Zweitens, unter den digitalen Arbeitsplattformen kann zwischen zwei Arten unterschieden werden. Bei der ersten Art, den “geografisch gebundenen” oder “ortsgebundenen” Plattformen muss die Arbeit an einem bestimmten Ort verrichtet werden (z. B. die Lieferung von Lebensmitteln von einem Restaurant zu einer Wohnung oder das Fahren einer Person von einem Stadtteil in einen anderen). Im Gegensatz dazu kann bei den Plattformen für “Cloudwork” oder “Online-Arbeit” die Arbeit theoretisch von jedem Ort aus über das Internet ausgeführt werden (z. B. Datenkategorisierung oder freiberufliche Tätigkeit online). In diesen Grundsätzen bezieht sich der Begriff “Plattform” nur auf die erste Kategorie der geografisch gebundenen Plattformen für digitale Arbeit. Für weitere Informationen über die erfassten Plattformen lesen Sie bitte unsere FAQs.
  2. ARBEITERIN: Personen, die über Plattformen Arbeit finden, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus (z. B. Arbeiter:innen oder unabhängige Auftragnehmer:innen).
  3. SUBUNTERNEHMEN: Einige Plattformen lagern Teile ihrer Tätigkeiten an andere Unternehmen aus. Einige dieser Unternehmen firmieren unter demselben Namen wie das Hauptunternehmen oder einer leicht abgewandelten Version davon (z. B. Amazon und Amazon Flex), andere wiederum stellen ihre Dienste der Plattform zur Verfügung, führen aber auch eigene Tätigkeiten aus (z. B. Amazon, DPD und myHermes). Wenn Unteraufträge vergeben werden, liegt die Verantwortung für die Einhaltung von Fairness-Standards immer noch bei der Hauptplattform, die ihre Tätigkeiten auslagert.
  4. VERTRÄGE: Alle schriftlichen Vereinbarungen zwischen einem oder allen Dienstleistungsnutzern, Arbeiter:innen und/oder der Plattform über die Bedingungen der Arbeit oder der Nutzung der Plattform. Diese können persönlich oder elektronisch unterzeichnet werden.

Fußnote

1. Zu den arbeitsbezogenen Kosten gehören die direkten Kosten, die dem/der ArbeitnehmerIn bei der Ausübung seiner/ihrer Tätigkeit entstehen können. Dazu gehören z. B. die Fahrten zwischen den Arbeitsplätzen, Arbeitsmaterial, Reparatur und Wartung des Fahrzeugs, Benzin, Mautgebühren und Fahrzeugversicherung. Sie umfassen jedoch weder die Beförderung zur und von der Arbeitsstelle (es sei denn, es handelt sich um einen Zwischenaufenthalt) noch Steuern, Sozialversicherungsbeiträge oder Krankenversicherungen.
2. Die IAO definiert den Mindestlohn als den “Mindestbetrag, den ein Arbeitgeber den Arbeitnehmern für die in einem bestimmten Zeitraum geleistete Arbeit zahlen muss und der nicht durch einen Tarifvertrag oder einen individuellen Vertrag gesenkt werden kann”. Mindestlohngesetze schützen die Beschäftigten vor unangemessen niedrigen Löhnen und helfen ihnen, einen Mindestlebensstandard zu erreichen. Das IAO-Abkommen über die Festsetzung von Mindestlöhnen, 1970 C135, legt die Bedingungen und Anforderungen für die Festlegung von Mindestlöhnen fest und fordert alle ratifizierenden Länder auf, entsprechend zu handeln. Mindestlohngesetze gibt es in mehr als 90 Prozent der IAO-Mitgliedstaaten.
3. Zusätzlich zu den direkten Arbeitsstunden, in denen die Arbeitnehmer:innen Aufgaben erledigen, verbringen sie auch Zeit mit unbezahlten Tätigkeiten, die für ihre Arbeit notwendig sind, wie z. B. das Warten auf Lieferaufträge in Restaurants, Fahrten zwischen den Arbeitsplätzen und verpflichtende Schulungen (d. h. Schulungsmaßnahmen, die absolviert werden müssen, damit die Beschäftigten weiterhin auf der Plattform arbeiten können). Diese indirekten Arbeitsstunden werden ebenfalls als Teil der aktiven Stunden betrachtet, da die Arbeitnehmer:innen diese Zeit der Plattform zur Verfügung stellen. Die Definition von “aktiven Stunden” umfasst also sowohl direkte als auch indirekte Arbeitsstunden.
4. Um dies nachzuweisen, muss die Plattform, wenn sie für die Bezahlung der Arbeitnehmer:innen verantwortlich ist, entweder a) über eine dokumentierte Strategie verfügen, die sicherstellt, dass die Arbeitnehmer:innen in ihren aktiven Stunden mindestens den lokalen Mindestlohn nach Abzug der Kosten erhalten, oder b) zusammenfassende Statistiken über Transaktionen und Kosten vorlegen.
5. Wo es keinen existenzsichernden Lohn gibt, wird Fairwork die Anker-Methode der Global Living Wage Coalition anwenden, um einen solchen zu schätzen.
6. Um dies nachzuweisen, muss die Plattform, wenn sie für die Bezahlung der Arbeitnehmer:innen verantwortlich ist, entweder a) über eine dokumentierte Richtlinie verfügen, die sicherstellt, dass die Arbeitnehmer:innen in ihrer aktiven Arbeitszeit mindestens den örtlichen existenzsichernden Lohn nach Kosten erhalten, oder b) eine zusammenfassende Statistik der Transaktions- und Kostendaten vorlegen, die belegt, dass alle Beschäftigten einen Mindestlohn nach Kosten erhalten.
7. Die IAO erkennt Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz als ein Grundrecht an. Wenn die Plattform den/die Arbeitnehmer:in direkt beschäftigt, ist der Ausgangspunkt das IAO-Übereinkommen über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 1981 (C155). Darin heißt es, dass die Arbeitgeber verpflichtet sind, “soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist, die ihrer Kontrolle unterstehenden Arbeitsplätze, Maschinen, Ausrüstungen und Verfahren sicher und ohne Gesundheitsgefährdung zu gestalten” und dass “erforderlichenfalls angemessene Schutzkleidung und Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt werden [sollten], um, soweit dies nach vernünftigem Ermessen möglich ist, die Gefahr von Unfällen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu vermeiden.”
8. Das Seearbeitsübereinkommen der IAO von 2006 (MLC 2006), Regel 2.1, und das Übereinkommen über Hausangestellte von 2011 (C189), Artikel 7 und 15, dienen als hilfreiche Leitbeispiele für angemessene Bestimmungen in den Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer:innen sowie für den Zugang dieser zu diesen Bedingungen.
9. Arbeitnehmer:innen sollten die Möglichkeit haben, Beschwerden auszuweiten, die nicht zufriedenstellend behandelt wurden, und im Falle automatisierter Entscheidungen sollten sie die Möglichkeit haben, eine persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
10. In Übereinstimmung mit dem IAO-Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf und dem geltenden nationalen Recht.
11. Ein Mechanismus zur gemeinschaftlichen Meinungsäußerung der Arbeitnehmer:innen wird es den Arbeitnehmer:innen ermöglichen, sich an der Aufstellung von Tagesordnungen zu beteiligen, damit sie die Themen einbringen können, die sie am meisten betreffen. Dieser Mechanismus kann in physischer oder virtueller Form (z. B. in Form von Online-Sitzungen) erfolgen und sollte eine sinnvolle Interaktion beinhalten (z. B. keine Umfragen). Außerdem sollten ALLE Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit haben, an regelmäßigen Treffen mit der Unternehmensleitung teilzunehmen.
12. Zum Beispiel: “[Die Plattform] unterstützt alle Bemühungen der Arbeitnehmer:innen, sich kollektiv zu organisieren oder eine Gewerkschaft zu gründen. Tarifverhandlungen durch Gewerkschaften können oft zu günstigeren Arbeitsbedingungen führen.”
13. Siehe ILO (2021) World Employment and Social Outlook 2021: The role of digital labour platforms in transforming the world of work International Labour Office – Geneva
14. Wenn sich Arbeitnehmer:innen dafür entscheiden, sich von einer unabhängigen kollektiven Arbeitnehmervertretung oder einer Gewerkschaft vertreten zu lassen, die von der Plattform nicht ohne Weiteres anerkannt wird, sollte die Plattform offen sein für die Annahme mehrerer Vertretungskanäle, sofern der rechtliche Rahmen dies zulässt, oder nach Wegen suchen, um Anfragen von Arbeitnehmer:innen zur Kommunikation mit dem bestehenden Vertretungskollektiv umzusetzen.
15. ILO (2021) World Employment and Social Outlook 2021: The role of digital labour platforms in transforming the world of work International Labour Office – Geneva